Der
Computergarten am 10. Mai
Der Zierkirschbaum hat den Tisch gedeckt für summende
Gäste
Digitalfoto von © Inga Schnekenburger
für Johann Peter Hebel zum Geburtstag
Johann
Peter Hebel
1760 - 1826
schweizerisch-deutscher
Dichter
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Robert Schumann (8.6.1810-29.7.1856): Blumenstück
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Das
Lied vom Kirschbaum
Zum
Frühling sagt der liebe Gott-
"Geh, deck dem Wurm auch seinen Tisch!"
Gleich treibt der Kirschbaum Laub um Laub,
vieltausend Blätter, grün und frisch.
Das Würrnchen ist im Ei erwacht,
es schlief in seinem Winterhaus;
es streckt sich, sperrt sein Mäulchen auf
und reibt die blöden Augen aus.
Und darauf hat's mit stillem Zahn
an seinen Blätterchen genagt;
es sagt: "Man kann nicht weg davon!
Was solch Gemüs' mir doch behagt!"-
Und wieder sagt der liebe Gott:
"Deck jetzt dem Bienchen seinen Tisch!"
Da treibt der Kirschbaum Blüt' an Blüt",
vieltausend Blüten, weiß und frisch.
Und's Bienchen sieht es in der Früh
im Morgensonnenschein und fliegt heran
und denkt: Das wird mein Kaffee sein;
was ist das kostbar Porzellan!
Wie sind die Täßchen rein gespült!"
Es steckt sein Züngelchen hinein,
es trinkt und sagt: Wie schmeckt das süß!
Da muß der Zucker wohlfeil sein!"
Zum Sommer sagt der liebe Gott:
"Geh, deck dem Spatzen seinen Tisch!"
Da treibt der Kirschbaum Frucht an Frucht,
vieltausend Kirschen, rot und frisch.
Und Spätzchen sagt: "Ist's so gemeint?
ich setz' mich hin, ich hab' App'tit,
das gibt mir Kraft in Mark und Bein,
stärkt mir die Stimm' zu neuem Lied."-
Da sagt zum Herbst der liebe Gott:
"Räum fort, sie haben abgespeist!"
Drauf hat die Bergluft kühl geweht,
und 's hat ein bissel Reif geeist.
Die Blätter werden gelb und rot,
eins nach dem andern fällt schon ab,
und was vom Boden stieg herauf,
zum Boden muß es auch hinab.
Zum Winter sagt der liebe Gott:
"Jetzt deck, was übrig ist, mir zu!"
Da streut der Winter Flocken drauf;
nun danket Gott und geht zur Ruh'!
Johann
Peter Hebel |
In
Wiener Mundart
Zan
Frühling sogt da liabe Gott
"Ge, deck`n Wurm aa sein Disch"
Glei treibt da Kiaschbam Laub um Laub
vüh Bladln grean un frisch
es Wiamal is im Ei aufgwocht
hot gschlofn in sein Wintaheisl
es streckt se, speat sei Goschn auf
und reibt de bledn Glurn aus
Und daun drauf hods med stülln Zauhn
aun seine Bladln gnogt
Es sogt :" Ma kaun ned weg davaun
wos so aa Gmias ma behogt !"
Und wieda sogt da liabe Gott:
"Deck jetzn dera Bienan ir`n Disch"
Do treibt da Kiaschbam Blia aun Blia
Vüh tausend Blia weiß und frisch
Und`s Bienal siachts in da Fruah
im Murgnsunnschein und fliagt zucha
und denkt se: "Des wird mei Kaffä sei";
Wos is des kostboar Porzellan
Wia san de Taatzn rein gschpüht"
steckt sei klane Zungan eine, tringt und sogt:
Wia schmeckt des siass
Do muaß da Zucka woifeu sei`
Zan Summa sogt da liabe Gott
"Ge, deck an Spotz`n sein Disch
Do treibt da Kiaschbam Frucht aun Frucht
vüh tausnd Kiaschn rod un frisch
Und`s Spotzl sogt: "Is`s so gmant?
I setz`me hi` hob Appetit
des gibt ma Kroft in Moach und Ba`
stearkt ma de Stimm` zu neich`m Liad"
Do sogt zan Heabscht da liabe Gott
""Ram oh, de san au`gspeist"
Drauf hod de Beagluft küh` gwaht
und`s hod a bissl Reif g`eist
De Bladln wean göhb und rod
ans noch`n aundan foit scho` oo
und wos vaum Bodn aufgschtieg`n is
muaß a wida zan Bodn owe.
Zan Winta sogt da liabe Gott
"Hiatz`deck, wos iba is, ma zua!"
Do straat da Winta Flockn drauf
Jetztn daunkt`s `n Gott und haut`s eich in de
Hapfn
Übersetzt in Wiener Mundart
von Erich Toth, Wien
MAIL
an Erich Toth
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Das
Gedicht liegt uns jetzt auch in Alemannischer Mundart
vor

"Kirschbaumblüte"
Digitalfoto von Inga Schnekenburger ©
2004
Biographie
Johann
Peter Hebel wurde am 10. Mai 1760 in Basel geboren
Er war der
Sohn armer Dienstboten. Er besuchte 1772 das
Gymniasium in Basel und anschließend die Lateinschule
in Schopfheim und das Pädagogium in Lörrach.
Ab 1774 besuchte er das Gymnasium in Karlsruhe.
1780 begann er das Studium der Theologie in Erlangen.
Er arbeitete als Hauslehrer und Vikar in Hertingen und
von
1783 - 1791 als Seminarlehrer in Lörrach
an seiner einstigen Ausbildungsstätte.
1791 - 1798 unterrichtete er am Gymnasium in
Karlsruhe.
1798 - 1808 erhielt Johann Peter Hebel eine
Professur der Dogmatik.
1808 - 1814 war er Direktor am Gymnasium in Karlsruhe.
1819 wurde er evangelischer Prälat
der badischen Landeskirche.
Johann
Peter Hebel starb am 22. September 1826
im Alter von 66 Jahren in Schwetzingen.
Die mundartlichen
"Alemannischen Gedichte" (1803) entstammten
seinem Heimweh. Es sind heiter-ernste Betrachtungen
von großer Sprachbegabung, die beim Lesen Bilder
entstehen lassen. Johnn Peter Hebel schrieb auch kurze
Erzählungen, sie erschienen im "Rheinischen
Hausfreund" als Kalendergeschichten. Johann
Peter Hebel gab den "Rheinischen Hausfreund"
1808 bis 1815 heraus. Die Geschichten zeichnen sich
durch Gemütstiefe und schlichte Sprache aus. Durch
seinen Humor (zum Beispiel der allzeit vergnügte
Tabakraucher in den Jahreszeiten) in vielen Erzählungen
erwarb er sich ungezählte Freunde seiner Erzählkunst.
Die beliebtesten Erzählungen fasste Johann Peter
Hebel in seinem "Schatzkästlein des rheinischen
Hausfreundes" 1811 zusammen.
BUCHTIPPS
Johann
Peter Hebel

Text
und Kritik, H.151: Johann Peter Hebel. von Heinz L.
Arnold
Broschiert - 109 Seiten - Edition Text und Kritik
2001
Autorenportrait: Prof. Heinz Ludwig Arnold, geb. 1940,
ist weit über die Grenzen Deutschlands hinaus
als einer der besten Kenner der Gegenwartsliteratur
bekannt. Er ist Herausgeber der Zeitschrift "TEXT
+ KRITIK", des "Kritischen Lexikons zur
deutschsprachigen Gegenwartsliteratur" (KLG)
und des "Kritischen Lexikons zur fremdsprachigen
Gegenwartsliteratur" (KLfG).
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Text
und Kritik, H.151 : Johann Peter Hebel
Das
Bergwerk von Falun

Texte
von Johann Peter Hebel, E. T. A. Hoffmann, Georg Trakl
und Franz Fühmann von Thomas Eicher (Herausgeber),
Barbara Gauger (Illustrator)
Gebundene Ausgabe - ATHENA-Verlag e.K.
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Das
Bergwerk von Falun : Texte von...
Johann
Peter Hebels Alemannische Gedichte

von Johann Peter Hebel, Ludwig Richter
Gebundene Ausgabe - 240 Seiten - Langewiesche-Brandt
1995
Johann
Peter Hebels Alemannische Gedichte
Schatzkästlein
des Rheinischen Hausfreundes
Ein
Werk in seiner Zeit. von Johann Peter Hebel, Hannelore.
Schlaffer (Herausgeber) Taschenbuch - 376 Seiten -
Athenaeum Vlg., Bodenheim 1989
Schatzkästlein
des Rheinischen...
Johann
Peter Hebel. Die Vergänglichkeit
von Arnold Stadler. Broschiert - Mayer, Stuttgart
1999
Kurzbeschreibung:
Dieses kleine Buch ist der gelungene Versuch, Biografie
und Gedichtinterpretation zu kombinieren. Das Gedicht
"Die Vergänglichkeit" von Johann Peter
Hebel wird im biografischen Teil dazu herangezogen,
ihn als Chronist der Heimat und seiner Menschen vorzustellen.
Umgekehrt schrieb er als Chronist seiner Heimat dieses
Gedicht. Der Autor versteht es, die Person Hebel als
Ganzes vor den Augen des Lesers erstehen zu lassen.
Johann
Peter Hebel. Die Vergänglichkeit
Johann
Peter Hebel - Sein Grab in Schwetzingen
von Willi
Schäfer. Sondereinband - Schimper 2001
Johann
Peter Hebel - Sein Grab in...
SURFTIPP
Projekt
Gutenberg
Sie haben hier die Möglichkeit, im Volltext zu
lesen:
- Alemannische
Gedichte
- Der Zundelheiner
- Die acht
Meisterdieb-Geschichten aus dem Rheinländischen
Hausfreund
- Kalendergeschichten
- Schatzkästlein
des rheinischen Hausfreundes
Mit einer Abbildung des Buches
- Trost
- Gedicht
in Mundart und in hochdeutscher Version
www.gutenberg2000.de/autoren/hebel.htm
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Übersicht Computergarten 1.- 15. Mai
Seite
2: Gedicht in Mundart von Johann Peter Hebel Der
Sperling am Fenster
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Das Lied vom Kirschbaum
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